Guideless Guys im Sauerland – Tag 2 #ggsl17
Eine Tour zu planen ist nie leicht. Schwieriger wird es dann noch, wenn man die Gegend und ihre regionalen Individualitäten nicht kennt. GPSies.com bietet da schon eine Menge zur Auswahl, aber im Rahmen der Recherche zu diesem Wochenende habe ich die Seite Outdooractive.com für mich entdeckt. Hier findet man eine große Auswahl an Touren, welche durch andere Mitglieder des Portals gefahren und bewertet werden können. So entsteht eine verlässliche Grundlage für eine schöne Tour.
Unsere Tour habe ich auch hier gefunden. Sie trägt den Namen „Wadenstechen im Valmetal“ und wird als landschaftlich sehr schöne Tour angepriesen. Und genau deswegen sind wir ja auch hier. Wadenstechen und schöne Landschaft. Ich zog mir als kurzerhand die GPX Daten herunter und importierte sie auf GPSies.com. Dort passte ich Start und Ziel entsprechend an unser Ferienhaus an und schon stand die Tour.
Wie dem auch sei. Das Schicksal wollte anscheinend unserer Durchhaltevermögen vom Vortag belohnen und begrüßte uns mit strahlendem Sonnenschein. Endlich konnten wir erkennen, wie die Berge um uns herum aussehen und was wir heute zu erwarten hätten. Die Tour sollte durch einige landschaftliche Highlights glänzen, da ist gutes Wetter eine gute Sache. Nach der Morgenhygiene und einem köstlichen Frühstück stellten wir die Räder vor die Tür. Ab umziehen, aufsatteln, 9:44 Uhr und wir reiten los.
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Auch bei Tobi war plötzlich wieder 100% Motivation vorhanden. Gestern noch mit Knieproblemen unterwegs, heute top motiviert. Toller Kerl! Die GPX Datei war verteilt und so ging es endlich los. Vor die Tür, rauf auf die Bikes und dann, ja dann. Dann wieder diesen verkackten Berg hoch. Junge, daran werde ich mich wohl nie gewöhnen! Bereits gestern hat der erste Anstieg ja gleich für hohe Herzfrequenzen gesorgt und heute mussten wir das Ding erneut hoch. Egal, kommt wenigstens keine Langeweile auf. Von 424 m, zunächst auf 513 m, in ziemlich genau einem Kilometer. OK, warm waren wir jetzt schon mal. Und nach einem Gruppenfoto ging es auch gleich weiter. Von 513 m auf 628, diesmal aber auf einer Distanz von 2,8 km. Der Bastenberg, auf dem wir hier herumkurvten, ist insgesamt etwas über 700 m hoch, aber ganz hoch mussten wie heute nicht.
Aber bereits auf den ersten Metern zeigte uns das gute Wetter, worauf wir uns heute einstellen konnten. Aussicht, Aussicht, Aussicht. Und Höhenmeter, Höhenmeter, Höhenmeter. Von letzteren sollten es heute möglicherweise um die 1500 zu verarbeiten geben. Wenn gleich es die letzte Steigung in sich haben sollte. Es ginge runter ins Tal, auf 368 m und dann wieder hoch, auf einer Distanz 5,2 km, auf eine Höhe von 732 m. Wir nannten diesen Teil der Strecke Bonusmaterial, denn wir würden vorher durch Ramsbeck fahren und da dann entscheiden, ob wir das Bonusmaterial machen oder nicht.
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Dann lag schon das erste Highlight vor uns. Bevor wir den Bastenberg wieder runter fuhren, gab es das erste Fotomotiv. Zwischen ein paar Nadelbäumen hindurch, erstreckte sich uns eine atemberaubende Aussicht. Ein Moment der Stille für jeden von uns. Und eine kleine Pause, nach den Uphill Strapazen. Ich bin nicht sicher, ob Tobi den Ausblick genau so genossen hat, wie Timo, Micha und ich, aber dafür habe ich ja Fotos gemacht.
Jetzt ging es runter. Von 617m auf 402. Schön durch die Waldautobahn und das nicht besonders langsam. Topspeed laut Strava: 38,9 km/h. Na ja, nicht im Durchschnitt. Nur Spitze. Aber das Regenwetter hat seine Spuren hinterlassen und ich wusste plötzlich wieder, wieso ich mit unbedingt einen Fender für vorne holen muss. Ich war total eingesaut mit kleinen braunen Schlammspritzern. Na ja, die Jungs hat es amüsiert. Mich natürlich auch.
Unten angekommen erreichten wir das Ufer der Brabecke. Ein kleiner Bach mit Brücke oder Durchfahrtmöglichkeit. Die Jungs wollten nicht. Ich hatte mich aber schon soooo auf diesen Teil der Strecke gefreut, daher ließ ich mir das nicht nehmen und durchquerte den Bach wie es vorgesehen war. Ja natürlich hatte ich jetzt wieder nasse Schuhe, aber ey. Ich bin nur heute hier. Also Kamera positioniert und ab durch den Bach. Freude!
Hätte meine Actioncam nicht den Geist aufgegeben, man hätte sicher noch ein schönes Video machen können. Aber leider ist sie ein Opfer des Regens vom Vortag geworden. Genau wie die Kamera von Timo. Das Sauerland ist halt doch härter als man denkt.
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Wir fuhren bis zum Örtchen Brabecke, wo es dann wieder rauf ging. Landschaftlich sehr schön, konditionell eine kleine Herausforderung. Aber heute der niedrigste Berg, den wir meistern müssen. Tobi suchte sein Tempo, fand es auch und zog auch diesen Berg durch. Von 427 m auf 549 m, in 1,1 km. Micha und Timo zogen die Nummer recht cool durch. Doch Team Ruhrpott, zu dem Timo ja eigentlich auch gehört, hatte mehr Zeit die Landschaft zu genießen.
Und die Landschaft konnte sich sehen lassen. Beeindruckend, wie der Traktor, an dem wir kurz vorher noch vorbei gefahren sind, plötzlich so klein wie ein Spielzeug war. Beeindruckend, dass wir hier mit Muskelkraft unterwegs sind. Ja, sehr viele Eindrücke prasselten auf uns ein. Ich weiß ja nicht ob es den Jungs auch so ging, aber mich überrollte nach jeder Steigung eine Welle von Glücksgefühlen. Alles so grün, alles so schön, meine Jungs am Start (wenn auch nicht alle), hach!
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Wir fuhren den Berg wieder herunter um schon kurz danach die doppelte Steigung in Angriff zu nehmen. Von 419 m auf 638m in 3,2 km. Alles halb so wild, dauert halt nur länger. Als wir dann weitestgehend oben waren und eine Pause machten, radelten zwei Mountainbiker fröhlich den Berg hoch. Unsere Augen wurden groß, doch dann erkannten wir, dass sie per e-Bike unterwegs waren. Puh, fast hätten wir an allem gezweifelt, was uns heilig war. Aber per e-Bike hätten wir sich auch noch so freundlich gelächelt.
Aber die e-Biker hatten Probleme. Das eine Haibike hatte wohl seine Kurbel verloren. Tzä! Ein Haibike mit technischen Problemen? Wo habe ich das nur schon mal gehört? Vermutlich hier und hier. Aber lassen wir das.
Micha hatte den passenden Imbus dabei und so konnten die e-Biker ihre Fahrt fortsetzten. Eigentlich ist Daniel ja der mit der mobilen Werkstatt im Rucksack, aber er war ja leider nicht mit dabei. Micha hatte aber auch einen 10er dabei und der passte. Sachen gibt es. Auch wir machten uns wenig später wieder auf den Weg, es lagen ja noch ein paar Meter vor uns.
Ja und dann? Kurz vor Heinrichsdorf konnten wir Hektik im Führungsteam sehen. Timo legte das Rad zu Boden, Micha stieg auch ab und was hatte er denn da in der Hand? Wir waren noch zu weit entfernt um das genau zu sehen, aber es sah zunächst aus wie eine Schlange? Schlange? Echt? Huch, nö! Timo, von uns liebevoll auch „die Wade“ genannt, hatte seine Kette gesprengt. Tjoa, hier, mitten am Berg. Ungünstig!
Aber kein Grund zur Sorge. Micha packte sein Multitool aus und begann mit der Reparatur. Wer mal eine Kette, ohne Kettenschloss gewechselt hat weiß, was das für eine elende Frickelei ist. Aber mit vereinten Kräften konnten wir die Kette dann reparieren und Timo konnte die Fahrt erfolgreich fortsetzten. Das demontierte Glied nahm er als Souvenir mit. Das hatte ich so auch noch nicht erlebt.
Wir machten uns grade auf den Weg, ich habe mein Rad wieder auf und setzte mich auf den Sattel, da höre ich ein zischendes Geräusch. Ich fahre los und stelle fest, dass Milch aus meinem Mantel spritze. Huch! Serie? Eben die Kette, jetzt mein Mantel? Wo hab ich mir denn jetzt bitte was eingefangen? Ich legte den Reifen kurz etwas quer, drehte am Rad und schon floss die Dichtmilch in die Öffnung. Kurze Zeit später war alles wieder ok und ich konnte die Tour ohne nennenswerte Probleme weiterfahren. Beeindruckend. Mich einem Schlauch wäre das hier sicher gleich die nächste Pause gewesen.
Jetzt ging es zunächst ein paar Kilometer auf einem ähnlichen Höhenniveau weiter. Gut so, das gab ein wenig Zeit zum verschnaufen. Wir näherten uns langsam dem nächsten Highlight, dem Wasserfall in Wasserfall. Klingt jetzt doof, ist aber so. Der Ort heißt Wasserfall und als Attraktion gibt es dort auch einen Wasserfall zu bestaunen. Diese Sauerländer, verrücktes Volk.
Kurze Zeit später trafen wir auch die e-Biker wieder. Wir tauschten uns im Vorbeirollen kurz aus und hielten nicht an. Wir hatten ein Ziel. Um zum Wasserfall zu gelangen musste man einen recht steilen Berg runter. Grundsätzlich ja kein Problem, aber hier gibt es auch einige Wanderer. Vorsicht ist also geboten. Dann waren wir da und Tobi wollte ein besonderes Foto haben…
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Mittlerweile hatten wir noch andere Ausfallerscheinungen zu beklagen. Micha plagte ein Schmerz im Fuß. Was genau passiert ist, weiß ich nicht mehr genau. Ich glaube er ist irgendwie umgeknickt, oder vom Pedal gerutscht. Ärgerlich. Das Bonusmaterial war in Gefahr. Stichwort Gefahr: Tobi begab sich am Wasserfall auch in Gefahr. Eine Gruppe mitdreißiger war offensichtlich auf Junggesellenabschied unterwegs und pausierte grade am Wasserfall. Als sie Tobi sahen wurden sie ganz nervös und kontaktfreudig. Wir entschieden kurzerhand, wenn sie über ihn herfallen, machen wir uns aus dem Staub und lassen ihn zurück. Das Bike nehmen wir aber mit.
Spaß, wir hätten das Bike auch zurückgelassen. Nun ja. Der Wasserfall selber war irgendwie enttäuschend. Auf dem Weg hier hin hatten diverse andere, wilde Wasserfälle gesehen, welche diesen hier aber locker übertrafen. Na ja, ok, muss man nicht nochmal machen.
Jetzt ging unser Weg in Richtung Fort Fun. Wir würden dem Freizeitpark 2x begegnen. Einmal von dem Hülsberg und einmal von dem Stüppel. Beides Berge, die wir hoch und wieder runter müssen. Freude machte sich breit. Zu unserer rechten Seite machte sich ein Berg bemerkbar. Wir spekulierten darauf, dass es sich um den Olsberg handeln könnte, welchen ich im vergangenen Jahr schon mal besucht hatte. Aber heute kann ich sagen, er war es nicht. Es war der Ohlenberg. Den wollten wir uns aber auch mal auf die Liste setzten, der sieht sehr schön aus.
So fuhren wir weiter den Hülsberg hinauf, bis wir schließlich fast hinter den Kulissen von Fort Fun standen. Es ging weiter am Davy Crockett Camp vorbei, wo Tobi eine kleine Zeitreise erlebte. Es ging weiter am Hintereingang vorbei, das Riesenrad, der Haupteingang und dann noch ein Stückchen Straße. Schon befanden wir uns auf dem Aufstieg in Richtung Stüppel. Mit dem hatte ich ja noch eine Rechnung offen. Denn eigentlich wollte ich damals hier schon mal hoch, habe es aber nicht geschafft. Heute sollte die Festung aber fallen, heute würde ich hochfahren.
Eben haben wir das Riesenrad noch von der Seite gesehen, jetzt ist es schon wieder klein wie Spielzeug. Das Gefühl hatten wir heute häufiger.
Je höher wir stiegen, umso kleiner wurde alles. Die Natur bedeckte alles von Menschen geschaffene und tauchte es in dieses unglaublich schöne Gesamtkunstwerk, welches wohl jeder mal erlebt hat, der mit Muskelkraft einen Berg besteigt.
Dann machten wir einen Navigationsfehler, welcher sich im Nachhinein als Glücksgriff herausstellen sollte. Auf dem Stüppel angekommen, fuhren wir an einer Abzweigung links herum, anstelle dem Weg weiter geradeaus zu folgen. Das Problem? Nun, der Weg ging einfach nicht weiter. Wir standen vor verschlossenen Türen, da der Stüppel und der dortige Aussichtsturm zu Fort Fun gehören. Das Gelände ist eingezäunt.
Auf der Rückseite des Stüppel ist jedoch eine kleine Bank und eine herrliche Aussicht. Ja, das habe ich heute schon häufiger geschrieben, aber es ist immer und immer wieder so unglaublich atemberaubend, wenn man in ein Tal schaut und dabei so hoch oben ist. Ein Erlebnis, welches ich jedem meiner Leser von Herzen wünsche. Man wird hier fast schon philosophisch. Man reflektiert sich selber, das geleistete, das was noch vor einem ist, hinterfragt für einen Moment alles und ist danach entweder im reinen mit sich selber, oder… Ich weiß es nicht. Ich bin im reinen mit mir selber und meiner Situation.
Tobi hatte zu diesem Zeitpunkt wohl kaum Interesse an Spiritualität. Er freute sich über die Bank und legte sich direkt mal drauf. Der Junge musste auch wirklich hart leiden. Die Knie, keine optimale Kondition, 3 Zugpferde im Team… Aber hey: Er hat es durchgezogen! Again! Der Respekt der Gruppe ist ihm sicher.
Nach einem kleinen Snack und einer Pause machte sich Micha an die Navigation. Wir mussten ja irgendwie wieder auf den Weg kommen und wenn wir nicht durch den Zaun kommen könnten, dann vielleicht vorbei. Heute weiß ich, wir hätten halt nur diese Abzweigung nehmen müssen, aber dort oben haben wir diese Option nicht gesehen. Wir entschieden uns daher, den Berg ein Stück hinab zu steigen. Dort schien ein Weg zu sein, welcher uns bis zu unserem eigentlichen Weg führen könnte. Gesagt, getan und belohnt worden. Der Weg führte uns genau dort hin, wo wir hin wollten.
Jetzt ging es wieder bergab. Ganz nach Tobis Geschmack. Denn diesmal verzichteten wir auf die Waldautobahn sondern fuhren auf alten Trails den Berg hinab. Zunächst nur kurz und dann ca. 2,5 km nur bergab. Von 653 m auf 419 m. Das war lustig.
Ja und dann waren wir plötzlich wieder in Ramsbeck. Wir konnten unser Haus schon sehen und entschieden uns dann dafür, auf das Bonusmaterial zu verzichten. Der Gedanke an Steaks und Bier übertrumpfte den Ehrgeiz, jetzt nochmal einen fetten Anstieg zu meistern. So machten wir uns also auf die Straße zu überqueren und den letzten, „kleinen“ Anstieg bis zu unserem Haus in Angriff zu nehmen.
Der Grill war an, wir waren mal nicht durchnässt und alle waren sehr glücklich und zufrieden. Unsere letzte Herausforderung war dann nur noch, das Bier zu leeren, die Steaks zu vernichten und den lieben Gott nen guten Mann sein zu lassen. Sonntag sollten wir ja schon wieder getrennte Wege gehen, aber bis hier war es ein unglaublich tolles Wochenende.
Danke Jungs!
Weiterführende Links:
Kontakt zu dem Ferienhaus in Ramsbeck
Die eigentliche Tour bei GPSies.com
Die tatsächliche Tour bei Strava