Leer und ausgebrannt

Die letzten 14 Tage waren wirklich anstrengend. Seit sich im Büro herumgesprochen hat, dass ich über den Jahreswechsel Urlaub habe, sind die Arbeitsaufträge nicht weniger geworden. Alles muss noch schnell erledigt werden, bevor das Jahr zu Ende ist. Dabei ist es nicht unbedingt die Anzahl der Aufgaben, die mich schafft. Eher deren Schwierigkeits- oder Nervgrad. Jede einzelne Aufgabe für sich, ist eine Herausforderung. Kleinigkeiten müssen stundenlang recherchiert werden, für die Antwort auf eine Frage sitzt man stundenlang am Telefon und oft endet der Tag mit dem Gefühl: Viel gemacht, nix geschafft.

Das zieht geht dann auch über ins Privatleben. 100 Baustellen, bei denen man immer irgendwie im Mittelpunkt steht, wo Freunde und Familie auf einen angewiesen sind. Ich freue mich ja sehr, über so viel Aufmerksamkeit, habe jedoch häufig das Gefühl, nicht allen zu 100 % gerecht zu werden. „Nein“ sagen? Das kann ich. Aber irgendwie war das mal alles leichter.

Zusammengefasst möchte ich sagen, der Kopf ist voller Dinge die erledigt werden müssen und ich weiß im Moment nicht wo ich anfangen soll. Solche Tage kennt wohl jeder. Doch sie zehren an den Energiereserven. Und der Motor, der meine Energie aufladen soll, ist im Moment auch nicht ganz ok: Mein Sport.

Ich glaube, ich habe das Radfahren im Winter tatsächlich unterschätzt. Thermohosen, dicke Handschuhe, Sturmhaube und ein kleiner Hang zur Selbstgeißelung sollten eigentlich ausreichen, um den täglichen Weg zur Arbeit immer mit dem Rad zu meistern. Soweit die Theorie.

Doch in der Praxis merke ich, dass mein Akku nicht richtig geladen wird. Ich fahr zwar regelmäßig mit dem Rad zur Arbeit. Aber ich habe das Gefühl, dass ich im Sommer deutlich positivere Energie auftanke, wenn ich mit dem Rad zur Arbeit und nach Hause fahre. Vielleicht liegt es an der Sonne, die eine den Kopf leer macht, mich abschalten lässt. Vielleicht ist es die Vielseitigkeit der Natur, die mir Tag für Tag in Erinnerung ruft, wie schön diese Welt doch sein kann und die mich vergessen lässt, wie grausam und kalt Menschen sein können.

Im Winter ist alles schwarz. Wenn ich morgens um sieben auf das Rad steige, ist die Welt dunkel und kalt. Man könnte es mit einem Seelenzustand der Welt vergleichen. Dunkel und kalt. Erst kurz vor meinem Ziel lohnt es sich, den Scheinwerfer auszuschalten. Dann hat die Morgenröte genug Helligkeit erreicht, damit ich den Weg erkenne und mein Gegenverkehr mich.

Zu der Kopfsache, kommen dann noch die persönlichen Befindlichkeiten. Es nervt mich unheimlich, dass ich mich immer so dick einpacken muss. Die enge Thermohosen, dann die Stulpen, dann die Schuhe, dann die Stulpen über die Schuhe, die Sturmhaube, darunter die Kopfhörer, dann die Jacke drüber, runter zum Rad, Tacho, Lampe, Puls Uhr, Fahrrad entriegeln, alles in den Rucksack verpacken, Rucksack auf, Handschuhe an, Licht an, Abfahrbereit machen und dann endlich los. Das kostet alles unheimlich viel Zeit und Nerven. Beides ist Mangelware dieser Tage.

Mir fehlt das Gefühl von Freiheit, welches ich im Sommer so oft erlebe. Der Wind, der mir an einem heißen Sommertag Abkühlung schenkt, der Duft von Wiesen und Wäldern, die ihre ganz eigene Marke versprühen. Man könnte meinen, ich hab eine Winterdepression.

Dann kommen noch die persönlichen, körperlichen, Wehwehchen dazu. Seit ein paar Wochen habe ich Schmerzen in der sogenannten Quadrizepssehne, im rechten Knie. Nichts dramatisches, aber wenn ich laufe, kann ich erspüren. Auch beim aufstehen schmerzt das Knie. Beim aufsteigen stehe ich aus, wie ein alter Mann. Kaum sitze ich aber auf dem Rad, ist alles wieder in Ordnung. Ich muss mir diese Sehne gereizt haben, als ich wieder mit den Kniebeugen angefangen habe. Das zehrt dann zusätzlich an den letzten Energiereserven.

Auch habe ich das Gefühl, eine Erkältung verschleppt zu haben. Die Nase sitzt gelegentlich mal voll, die Ohren gehen zu und hin und wieder kann ich mir ein leichtes Husten nicht verkneifen. Vielleicht ist es aber auch nur eine große Portion Selbstmitleid, welche mir gerade die Laune vermiest. Ich kann es nicht sagen.

Jetzt stehen die Weihnachtsferien vor der Tür. Eine besinnliche Zeit. Ich bin überglücklich, jetzt mal ein paar Tage Urlaub zu haben. Zwischen den Jahren plane ich noch ein Gran Fondo zu fahren, damit ich meine Serie halten kann. Aber dann soll dieses Jahr auch Schluss sein. Es ist Zeit für Besinnlichkeit, für Regeneration. Die Zeit, die mit der Familie verbracht werden kann. Zeit die Dinge in Ordnung zu bringen, die liegen geblieben sind. Neue Energie zu tanken, um 2017 wieder neu anzugreifen. Die neuen persönlichen Bestmarken zu übertreffen und auf das große Ziel in 2018 hinzuarbeiten.

Manchmal führt der Weg zur Selbsterkenntnis über eine Reflektion der eigenen Befindlichkeiten. Neuen Mut schöpfen, indem man sich seiner aktuellen Situation bewusst wird dann für sich entscheidet, wie man damit umgehen möchte.

An diesem Punkt bin ich jetzt. Ich habe Hunderte, Tausende Ideen in meinem Kopf. Ideen für diesen Blog, Konzepte für Webprojekte, den Wunsch Neues zu lernen, meine Fahrtechnik zu verbessern, mit meinen Guideless Guys neue Trails und Touren zu fahren, neue Gegenden zu erkunden, eigene Grenzen zu erforschen und wieder zu überschreiten. Aber im Moment fehlt mir die Kraft.

Ich werde versuchen, die nächsten Tage sinnvoll zu nutzen. Energie zu tanken und Dinge zu regeln.

Ich würde mich freuen, wenn wir uns 2017 irgendwo auf dem Fahrrad begegnen.

Frohe Weihnachten,

Kay