Biken in Schwandorf
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Nach Schwandorf. Schwandorf, das klingt nach Märchen und Fabelwesen. Ist aber laut Wikipedia eine Große Kreisstadt im gleichnamigen Landkreis Schwandorf im Regierungsbezirk Oberpfalz in Bayern. Mit rund 145.000 Einwohnern ist der Ort dann doch etwas größer, als ich es erwartet hätte. Aber es ist schön hier. Und einen Wald gibt es auch. In Bayern ist die Welt halt noch in Ordnung. Ich befand mich auf Dienstreise und da der Kofferraum meines Golf Kombi es erlaubte, hatte ich mein Enduro dabei. Mir lag es fern, schon in der Mittagszeit am Tresen zu landen, wie so manch VW fahrender Außendienstler. Ich wollte die Gegend erkunden, auch ohne Diesel zu verballern.
Also habe ich mir im Vorfeld schon Gedanken gemacht, was ich denn sehen möchte und wo ich denn fahren mag. Aber ich muss sagen, Schwandorf ist ein nahezu unbeschriebenes Blatt bei Komoot. Man muss schon rund 20 km Anfahrt in kauf nehmen, wenn man was vorgeplantes nutzen wollte. Auch Segmente waren hier rar und so blieb mir nichts anderes übrig, als selber zu planen. Und das machte ich dann auch. Ich suchte mir Highlights bei Komoot heraus, welche tapfere Wanderer offenbar erfasst hatten. Dann versuchte ich noch bei Strava zu erkunden, ob hier Leute fahren und letztendlich schaute ich mir an, was mich landschaftlich noch interessieren könnte. Es gab Seen und eine Aussichtsplattform. Wasser ist immer gut und Aussicht garantiert ein gutes Foto. Außerdem hatte ich direkt an meinem Hotel einen kleinen Berg. Na damit hatte ich doch dann meine Tour zusammen.
Dann ging es los. Ich halte mich ja eigentlich für einen durchaus fitten Biker, hatte aber leider nicht mehr auf dem Schirm, dass ich ja vor wenigen Wochen noch im Krankenhaus gelegen hatte. Danach wurde meine Ruhephase mit einer Reihe von Krankschreibungen verlängert und so war das, was ich mal als Kondition bezeichnen konnte, Geschichte. Und als ob das nicht ausreichen würde, hatte ich ja noch mein gebrochenes Handgelenk vom 1. Mai nicht richtig auskuriert. Alles in allem sehr viel Potenzial für ein “ICH WILL AUF DEN ARM!” Gefühl.
Bereits der erste richtige Anstieg holte mich knallhart in die Realität zurück. Von 374 m auf 440 m in nur 500 m. Ja, so habe ich dann auch geschaut. Dicke Backen habe ich gemacht, wie ein Frosch. Und damit nicht genug. Kaum bin ich in den Wald gefahren, wurde ich von Mücken attackiert. Gefühlt muss ich da in ein Nest getreten sein, denn plötzlich waren hunderte damit beschäftigt, mich zu stechen und mich meines Blutes zu berauben! Also stoppte ich die GoPro (warum auch immer) sprang vom Rad ab und schob es den Berg hinauf. Mein Puls explodierte derweil ich meinen Adern und die Biester ließen nicht von mir ab. Ich schob und schlug, schob und schlug, bis ich oben war. Dann hoffte ich auf Gnade, aber man hatte sich wohl darauf geeinigt, es dem Touristen jetzt mal richtig zünftig zu geben und ließ nicht von mir ab. Als sprang ich wieder aufs Bike und radelte davon, in der Hoffnung den Viechern zu entkommen. Ich bog in den erstbesten Trail ab und gab Gas.
Nach ein paar Metern musste ich dann anhalten und mich sortieren. Soweit ich mich erinnern kann, ist mir etwas Vergleichbares noch nicht passiert. Mücken, wohin man “haut”. Ich möchte nicht wissen, wie viele der Biester ich verschluckt habe, als ich den Berg hoch bin. Erstmal sammeln und die Lage beurteilen: die Gegend? Ausgezeichnet, eigentlich. Ein angenehmer Waldboden mit Tannennadeln und Tannenzapfen. Letztere stören ein wenig, weil man darüber wegrutscht, wie über Murmeln, wenn man sie ungünstig trifft. Trails scheint es hier auch zu geben und was die Höhenmeter angeht, kann man hier sicher auch auf seine Kosten kommen. Ein wenig erinnert mich dieser Berg an unsere Halde Hoheward.
Mein Puls? Puh, gefühlt ist er so hoch wie nie. Ich habe keine Pulsuhr um, denn das Handgelenk ist ja gebrochen gewesen und die Uhr bekomme ich nicht über die Schiene. Das Handgelenk schmerzt auch ziemlich unangenehm, was mich an der Sinnhaftigkeit meiner Tour zweifeln lässt. Damit wir uns nicht falsch verstehen. Ich habe schon die Freigabe meines Arztes bekommen, wieder aufs Bike zu steigen. Ich soll zwar kein Downhill praktizieren, aber das liegt mir ja eh fern. Wie soll es nun aber weitergehen? Ich definiere meine Ziele neu. Seen und Wälder werde ich hier heute sicher nicht besuchen können und die 20 km werde ich auch nicht schaffen. Ich disponiere als um, setzte mir den kleinen Ausguck als Minimalziel und will hinterher, wenn möglich, noch durch den Ortskern fahren.
Und so mache ich mich nach einer Weile wieder auf den Weg.
Ich lasse es langsam angehen. Alles andere funktioniert ja auch nicht. Auf ebener Strecke geht es eigentlich, aber kaum geht es ein wenig hoch, bin ich sofort außer Puste. Ich spüre jeden Krankenschein, ich spüre das Handgelenk und ich spüre die Schulter, auf der seit meinem Krankenhausaufenthalt eine Narbe ihren Platz gefunden hat. Ich habe noch so viel Arbeit vor der Brust, bis ich zu alter Kondition zurückfinden würde. Das wird mir jetzt einmal mehr klar. Und es stehen ja noch weitere Dienstreisen vor der Tür, bei denen ich mein Rad einpacken wollte. Von diesem Plan werde ich auch nicht abrücken. Aber hier? Hier werde ich nicht viel reißen können.
Der Aussichtspunkt Schwammerling ist erreicht. Minimalziel erreicht. Na immerhin. Ich bleibe ca. eine halbe Stunde hier sitzen und genieße die Aussicht. Ich mache mir Gedanken über die Vergangenheit, die Zukunft und all die Dinge, die man sonst nicht so im Kopf hat. Es ist ruhig. Dann fasse ich den Entschluss, jetzt nicht zurück zum Hotel zu fahren, sondern noch in den Ortskern zu rollen, um zu schauen, wie Schwandorf so aussieht. Das Videomaterial, da war ich mir damals sicher, das könnte ich wohl vergessen. Allemal reicht es vielleicht für einen kleinen VLOG, aber richtig toll wird das wohl nicht. Denn keiner schaut sich ein Video an, wo man nix gezeigt bekommt. Offen gesagt, war mir das aber auch egal. Viel ärgerlicher war halt, dass meine Hand mir einen Strich durch die Rechnung macht, denn ich hätte hier durchaus mehr als nur den Ortskern sehen können.
Mein nächstes Ziel sollte jetzt also das Kreuzbergviertel sein. Das Kreuzbergviertel, mit dem dazugehörigen Kreuzberg und der darauf erbauten Kirche. Höhenmeter sind doch immer gut, sagt man. Und so machte ich mich auf den Weg dorthin. Die Navigation auf Mister Garmin brach ich ab, denn die eigentlich geplante Strecke war ja nun obsolet. Ich passierte noch einen kleinen Trail und ärgerte mich innerlich schwarz, hier nicht besser performen zu können. Habe ich eben wirklich “performen” geschrieben. Kinder… Na ja. Schwandorf scheint sehr von dieser Kirche geprägt zu sein, welche im Detail “Wallfahrtskirche zu unserer lieben Frau vom Kreuzberg” heißt. Es handelt sich dabei um eine Pfarrkirche auf dem Kreuzberg, hier in Schwandorf und sie ist gleichzeitig auch eine Klosterkirche des Karmeliterordens. Ich gebe zu, das habe ich von Google.
Auf den Berg hinauf kommt man über eine kleine Straße, die Höhenmeter nehme ich gerne mit. Das hatte ich ja bereits erwähnt. Die Kirche sah von unten schon recht ansehnlich, nicht aber so groß wie sie aussah, als ich dann endlich vor ihr stand! Ich habe mal das Bike davor platziert, damit man ein Gefühl für die Dimension bekommt.
Runter vom Kreuzberg wollte ich aber nicht wieder über die Straße. Ich hatte unten schon gesehen, dass dort der ein oder andere Trampelpfad aus dem Gebüsch führte, also müsste man hier doch sicher auch mit dem MTB standesgemäß den Berg verlasen können. Ich entdeckte ein paar Stufen und fuhr sie an. Nach den ersten paar Stufen wurde ich dann schmerzlich daran erinnert, warum ich nicht im Wald, sondern hier bin. Genau: WEIL DAS HANDGELENK SCHMERZT! Trottel… Ich trug das Bike die letzten Stufen runter und setzte meine Fahrt fort. Ich entdeckte einen kleinen “Trail” und nahm ihn mit. Nix dolles, aber in der Not frisst der Teufel Fliegen.
Ich machte mich nun wieder auf in Richtung Ortskern, passierte den Marktplatz und fuhr auf dem Ort hinaus. Dabei überquerte ich die Naab, einen Fluss, welcher an Schwandorf vorbeifließt. Ich hielt auf einer Brücke an und machte das unten gezeigte Foto. Es zeigt den Springbrunnen in der Naab und natürlich die Spitalkirche. Die Spitalkirche ist heute eigentlich keine Kirche mehr, denn die 1657 nahe dem früheren Amberger Stadttor neu erbaute Kirche steht in Zusammenhang mit der am 10. Februar 1443 von Pfalzgraf Johann (Pfalz-Neumarkt) bei Rhein auf seinem Sterbebett gegründeten Spitalstiftung. 1994 zog die Spitalstiftung in ihr neu erbautes Gebäude an der Bahnhofstraße. Von 1999 bis 2003 baute man die bisherigen Spitalgebäude zum neuen Rathaus der Stadt um. Die Kirche wurde am 12. Juni 2001 profaniert und danach grundlegend saniert. Heute steht sie als Veranstaltungsraum zur Verfügung. (Quelle: Wikipedia)
Weiter ging es dann zum Stadtpark. Der ist hier auch eine kleine Besonderheit, denn er ist im Zuge der Altstadtsanierung (1986) auf einer der Naabinseln entstanden. Man spricht dabei von dem sogenannten Hubmannwöhrl. Ich bin ganz entspannt durch den Park gerollt und konnte so ein wenig an dem Alltag schnuppern, den man hier lebt. Scheint wirklich alles schön entspannt zu sein. Im Park das übliche Bild, die örtliche Alkoholiker-Crew, Mütter mit Kindern auf dem Spielplatz, Junge Erwachsene aller Nationen spielen Ball und wieder andere liegen auf dem Rasen und haben eine gute Zeit. Ein sehr einladendes Ambiente. Es gibt auch einen Biergarten. Der darf in Bayern wohl nie fehlen.
Dann habe auch ich langsam die Nase voll und mache mich wieder auf den Heimweg. Eis habe ich leider nicht mehr bekommen, aber dafür später noch einen köstlichen Döner für kleines Geld. Immer verdächtig, wenn etwas leckeres so wenig Geld kostet, aber was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Am Tag darauf wurde mein Handgelenk im CT untersucht und das, was mein Arzt schon vermutete, bestätigte sich. Ein verheilender Knochenbruch. Es wird heilen, wenn ich meine Schiene trage…
Und wie ich ja schon sagte, ich habe tatsächlich etwas Videomaterial mitgebracht, welches für einen kleinen Tourbericht reicht. Innenstadt und Park habe ich mal ausgelassen, denn ich habe nur mit dem Brustgurt gefilmt. Viel Spaß dennoch!
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