Sonntagsgedanken
In unserem stressigen Alltag vergesse ich gelegentlich, warum ich diesen Blog eigentlich mal gestartet habe. Ich verliere mich darin, das hier als Business zu verstehen und ärgere mich dann, wenn ich sehe, was die Anderen an tollem Content veröffentlicht und ich nicht. Ich verliere mich in Kennzahlen, Planungen und Terminen, beobachte Trends, denen ich eh nicht folgen mag und ärgere mich dann, wenn meine Zahlen nicht passen.
Aber ganz ehrlich? Scheiß drauf! Ich habe eine kleine, aber treue Leserschaft, für die ich dankbar bin. In unserer Oberflächlichen Welt sind es genau diese Leute, auf die es doch ankommt. Denn wenn man mal 2 Wochen kein Video auf YouTube hochgeladen hat, straft einen der allmächtige Algorithmus gleich mit konsequenter Ignoranz.
Postet man auf Insta nicht regelmäßig, rennen einem die Follower weg und Twitter? Ach, damit fange ich gar nicht erst an.
Und dann ist da noch das Equipment. Warum habe ich keine Sony Alpha XYZ, keine GoPro 1000, keine Drohne, kein X und kein Y? Warum nehme ich nicht auf jeder noch so kleinen Tour das volle Programm mit, fange jede Minute ein, verwurste alles zu Content? Was ein Stress.
Und dann gibt es so Tage wie heute, wo ich mich echt zwingen muss, die Radklamotten anzuziehen. Tage an denen ich eigentlich lieber auf der Couch bleiben würde, mir die Decke über den Kopf ziehen mag und nichts hören, nichts sehen und nichts machen will.
Mein Büro müsste dringend aufgeräumt werden, hier liegt noch jede Menge Zeug, was getestet werden will, ich habe noch reichlich Material, was geschnitten werden will und dann fängt ja morgen auch wieder eine neue Arbeitswoche an. Der nächste Interviewpartner für den Podcast will ausgewählt und vorbereitet werden.
Ich wähne mich in Sicherheit, denn ich habe das alles im Griff. Habe ich das? Nein. Vermutlich nicht. Denn meine Zahlen sprechen eine andere Sprache. Und dann scheint mir die Sonne ins Gesicht und sagt mir: “Komm raus, spielen!” Trotzig stampfend ziehe ich mich um, fülle die Trinkflasche auf und lasse die GoPro und alles andere bewusst zurück. Nur mein Handy packe ich ein und meine Kopfhörer. Ich schnappe mir mein Gravelbike und drehe eine kleine, ach so oft schon gefahrene Runde.
Ich lasse mir die Sonne ins Gesicht scheinen, erfreue mich über die vielen bunten Farben des Herbstes, grüße Passanten mit und ohne Hund, erhalten freundliche Blicke und habe einfach eine gute Zeit auf dem Rad.
Wie weggeblasen sind die Sorgen, wenn auch nur für einen Moment. Ich fasse wieder einen klaren Gedanken, ich sortiere mich, tanke auf, bin wieder wach im Kopf. Ich sehe meine Umgebung plötzlich wieder und erinnere mich daran, warum ich diesen Blog vor ein paar Jahren gestartet habe.
Es ging um diese Momente, die ich festhalten wollte. Gepaart mit all den Informationen, die ich selber nicht finden konnte.
Und so sitze ich nun hier, spät am Abend, schreibe mir ein paar Zeilen von der Seele, hänge noch ein schönes Foto von heute mit an und drücke gleich auf “Veröffentlichen”.
Bevor der Alltag mir morgen wieder die Grenzen aufweisen wird.