Pivot Testtag auf der Halde Hoppenbruch

Die Location? Standesgemäß oben auf der Halde Hoppenbruch, wo sich die Biker immer am so genannten Bikepark, am Fuße der Hühnerleiter treffen. Letztere war heute gesperrt. Zu Recht, denn wenn die Leute zum Pivot Stand wollten, standen sie zwangsläufig in der Einflugschneise derer, die die Hühnerleiter springen wollten. Unfälle wären somit vorprogrammiert. Unter drei zusammenhängenden Pavillons wurde kurzerhand eine kleine Ausgabewerkstatt, mit zwei Montageständern und eigenem Bikeparkplatz, aus dem Boden gestampft. Bei der Registrierungsstelle wurden wir Biker mit einem freundlichen Lächeln empfangen und mit Brezeln, Süßkram sowie Apfelschorle versorgt.

Auch der WatzUp Pavillon sollte noch erwähnt werden. Hier gab es neben Merchandise Artikeln, kostenlosen Schatten und ebenfalls kleine Snacks für alle Beteiligten. Auch meine Familie hat mich heute begleitet, was mich natürlich besonders gefreut hat. Meine Söhne (13 und 9) zeigten sich doch sehr fasziniert, wenn diverse Biker im hohen Bogen (gewollt) durch die Luft folgen. Ich bin nicht sicher ob sie das auch von mir erwarteten, aber heute sollte das nicht passieren.

Als ich mich bei dem Infostand meldete, war leider keines meiner Wunschbikes in meiner Größe verfügbar. Da ich aber heiß wie Frittenfett war, habe ich mir zunächst ein Mach 429 Trail einstellen lassen. Ein 29 Zoll Fully mit Carbon-Rahmen, 34ger Fox Dämpfern, Boost-Technologie, hydraulischer Sattelstütze und einem Federweg von 116 mm. Kostenpunkt: rund 6100 €. Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich. Es sollte mein erster Ritt auf einem Carbon-Rahmen sein und du weißt ja was man sagt: die Erste vergisst man nie. Ich bin gespannt. Marco von WatzUp, machte einen fantastischen Job beim einstellen. Ich bin selten so gut mit einem Bike zurechtgekommen, nachdem jemand „fremdes“ es für mich eingestellt hatte. Zu meiner Freude entdeckte ich nun auch mein Freund und Guideless Guy Tobi (FreeriderNRW.de) in der Menge. Mit dem hatte ich mich hier verabredet, denn er ist mittlerweile ein alter Hase auf der Halde und somit ein optimaler Guide, um die Trails mit ausgeschaltetem Kopf und geschärften Sinnen unbeschadet zu absolvieren.

Wir waren startklar. Ich warf mit meiner Frau noch ein verliebtes Küsschen zu, drehte dann ein oder zwei Runden am Bikepark im Kreis und startete danach mit Tobi in den sogenannten „Freeride“ Trail. Es ist nun schon eine Weile her, dass ich zuletzt auf einem Fully gesessen habe. Die letzten beiden vollgefedertes Mountainbikes haben den Einsatz mit mir nicht überstanden (Bike 1 / Bike 2). Aber alle Versicherungsfragen waren geklärt und so konnte ich ganz entspannt die Trails genießen. Besonders am Anfang hatte ich noch leichte Schwierigkeiten, denn das Bike hatte, neben einem noch ungewohnten Handling, selbstverständlich auch noch eine Reihe von neuen Hebeln am Lenker, welche ich erst mal kennenlernen musste. So vergaß ich auf den ersten 100 Metern den Sattel runter zu stellen und die Dämpfer zu öffnen.

Doch trotz dieser widrigen Umstände war mir das Grinsen nicht aus dem Gesicht zu bekommen. Meine Hände zitterten, meine Augen waren riesig und die frisch geputzten Zähne strahlten in der Sonne. Tobi zeigte sich sehr amüsiert über meinen Zustand, denn er erkannte Parallelen zu seinem eigenen ersten richtigen Ritt, als er damals die Hühnerleiter erfolgreich sprang. Das Adrenalin lief mir beinah aus der Hose. Was für ein geiles Gefühl.

Trotz des geringen Federwegs gleitet das Mach 429 Trail ruhig und präzise über den Trail. Ich behaupte, dass ich auf den Trails noch viel zu lernen habe. Ich bin ja eher so der Tourenfahrer. Aber dieses Rad sorgt dafür, dass selbst Anfänger wie ich, auf dem Trail eine ganz plausible Figur machen. Natürlich habe ich sämtliche Kicker oder andere Sprünge ausgelassen, denn man muss es ja nicht übertreiben. Aber alleine, was das Rad schon an Wurzeln wegsteckt, ist sehr beeindruckend. Ich erwähne noch mal: 116 mm Federweg.

Schon bei der zweiten Runde hatte ich ein viel besseres Gefühl. Nun hatte ich die Dämpfer auch schon besser unter Kontrolle und kam mit der Bremse ganz gut klar. Ja: ich habe gebremst. Es irritierte mich etwas, dass ich vorne keinen Umwerfer habe. So habe ich beim schalten häufiger mit der linken Hand ins Leere gegriffen. Aber wenn man das erst mal verinnerlicht hat, ist alles halb so wild. Etwas gewöhnungsbedürftig hingegen ist die Sitzposition auf dem Rad. Man sitzt recht weit vorne und hat daher eine ziemlich aufrechte Sitzposition. Der Lenker fühlt sich sehr nah an, was mir aber nicht wirklich negativ aufgefallen ist. Es war merkwürdig, aber sicher muss ich da erst mit meinen Gefühlen ins Reine kommen. Dazu kommt noch der ziemlich breite Lenker. Aber wie schon erwähnt, während ich noch mit mir selbst beschäftigt war, brachte mich das Rad dennoch sicher den Berg hinunter.

Mehr Schwierigkeiten hatte ich jedoch wenig später auf dem Singletail. Er ist technisch deutlich anspruchsvoller und verfügt über höhere Hindernisse sowie mehrere Spitzkehren. Da muss ich noch eine ganze Menge üben, bis ich da eine gute Figur mache. Ist halt wohl doch nicht alles nur eine Frage des Bikes.

Ein Wort zur Uphill-Performance. Ich bin beeindruckt. Ich hätte nicht erwartet, dass eine 1×11-Gang Kettenschaltung tatsächlich so effektiv ist. Ich meine klar, wenn ich so darüber nachdenke liegt es ja klar auf der Hand. Berg ab benötigst du für gewöhnlich nicht viel Antrieb, also auch kein großes Ritzel vorne. Und selbst wenn du mal trampeln musst, reicht das kleinste Ritzel auf der Hinterachse immer noch prima aus. Wenn du dann natürlich den Berg wieder hoch möchtest, hast du ja hinten elf Blätter zur Auswahl. Davon konnte ich mich heute zum erste mal Live überzeugen. Und ich muss sagen, ich habe nichts vermisst.

Pivot schreibt über das Mach 429 Trail: „Herausgekommen ist ein unschlagbares Allround-Bike mit den charakteristischen Qualitäten, die ein Pivot mit sich bringt. Effektivität und perfekte Kraftübertragung beim Bergauffahren sowie die nötige Verspieltheit und Präzision im Downhill…“ ja verdammt ich habe dem nichts hinzuzufügen. Es trifft den Nagel auf den Kopf. Vielleicht würde ich mir etwas mehr Federweg wünschen, damit man den ein oder anderen Trail noch anders angehen könnte, aber für heute hat es mich erst mal echt vom Sattel gehauen. Ein ausgezeichnetes Bike, mit dem ich mir durchaus auch einen Alpen Cross vorstellen könnte.

Als wir wieder zurück zum Bikepark fuhren, bat ich Tobi ein Foto von mir zu machen, damit ich auch mal auf einem Bild drauf bin. Wie Timo (der Haard-Rocker von den Guideless Guys) später bei Instagram so schön kommentierte: „Das Foto ist nicht besonders vorteilhaft, aber das Bike steht Dir.“ Ja das sehe ich auch so. Schöner hätte ich es nicht formulieren können. Ich nannte das Bild: Der fette Mann kann auch auf einem Rad. Ich muss dringend an mir arbeiten… Herr je… 🙂

Wieder am Bikepark angekommen, hieß es erstmal warten. Ich wollte ja noch das Firebird und das Switchblade fahren. Aber leider waren beide Modelle derzeit nicht verfügbar, denn sie waren bereits ausgeliehen und irgendwo auf der Halde unterwegs. Also vertrieben wir uns die Zeit im WatzUp Pavillon und philosophiert über das Erlebte. Meine Familie hatte sich in der Zwischenzeit auf den Heimweg begeben, denn sie hatten sich satt gesehen und konnten ihre Zeit zu Hause produktiver nutzen. Vielleicht ist ja ein kleiner Funken übergesprungen und ich kann in Zukunft mal häufiger mit der Familie auf das Rad steigen. Wer weiß.

Dann die gute Nachricht: das Firebird in L wurde frei. Welch Freude! Doch wo ist das Bike? Laut Liste, sollte es irgendwo auf dem Ständer hängen. Da war es aber nicht! Wie ärgerlich. Also wieder warten. Als es dann eine halbe Stunde später wieder auftauchte, konnte ich es endlich übernehmen. Mein Vorgänger hatte schlicht und einfach die Zeit vergessen. Muss ja ein faszinierendes Bike sein. Ich bin gespannt. Diesmal stellte mir ein Techniker von Pivot das Bike ein. Auch er macht einen ausgezeichneten Job. Einzig mit der Sattelstütze kam ich nicht zurecht. Sie löste sich immer mal wieder und sorgte beim Uphill für die falsche Sitzhöhe. Das ging mir bei dem Mach 429 zuvor auch schon so. Aber sonst war alles toll.

Das Pivot Firebird stammt aus einer recht jungen Kategorie. Es schimpft sich: Long travel Mountainbike. Eine Bezeichnung die ich so zuvor noch nicht bewusst gehört habe. Das Firebird ist aus meiner Sicht aber grade noch ein vollblut Enduro. 170 mm Federweg, eine 36 er Fox Gabel, Boost Technologie an Vorder- und Hinterachse sowie die grobstolligen Maxxis Reifen auf 27,5 Zoll DTSwiss Laufrädern. Das geht auch schon als Downhiller durch. Hier gibt es keine Ausreden mehr. Und genauso fährt sich dieses Bike auch! Kompromisslose Perfektion bis in jedes kleinste Detail. So etwas habe ich bisher wirklich noch nicht erlebt. Zugegeben: mir fehlen vielleicht auch ein wenig die Vergleichswerte, aber das ist schon eine Liga für sich. Zu haben ist das Bike zu einem Preis von rund 6900 €. Ich glaube, alle meine bisherigen Bikes zusammen haben keine 6900 € gekostet. Eine deprimierende Situation.

Da mir der Trail nun etwas geläufiger ist, traue ich mich nun auch mal die Bremse etwas seltener zu benutzen. Ich merke schnell, dass das Firebird so unglaublich viele Bodenunebenheiten einfach weg schluckt, ohne dem Fahrer auch nur 1 Sekunde das Gefühl von Unsicherheit zu vermitteln. Die Reifen haben einfach so unglaublich viel Grip, dass selbst ich als Anfänger plötzlich gnadenlos über irgendwelche Wurzeln und kleinere Absätze scheppere. Natürlich trau ich mich auch hier nicht an die kleinen Kicker, denn mir fehlt einfach noch die gottverdammte Routine, aber auch ich bekomme heute meine „Airtime“. Wenn auch nicht viel.

170 mm Federweg sind echt eine Macht. Steine, Wurzeln, Äste, alles überhaupt kein Problem. Wenn du glaubst du fällst jetzt irgendwo hinunter, fährt der Dämpfer blitzschnell das Rad aus und fängt dich auf. Gemeinsam mit Tobi gingen wir den Trail passagenweise durch. Immer kleine Strecken fahren, wieder zurück, wieder neu fahren, wieder zurück. Geduldig erklärt er mir, wie ich gewisse Situation fahren sollte. Und das tat ich danach auch. Das Resultat davon war einfach ein tolles Fahrerlebnis. Nicht zu vergleichen mit meinem Hardtail auf der Freeride.

Bei Strava konnte ich hinterher sehen, dass ich meine Abfahrtszeiten hier deutlich verbessern konnte. Nun ja, das ist wahrscheinlich auch kein Kunststück. Wir dürfen nicht vergessen: ich bin immer noch Anfänger. Aber wenn man ein Partner wie Tobi an der Seite hat, und ein Bike wie das Firebird unterm Hintern, gibt es halt einfach keine Ausreden mehr. Moment, dass hab ich doch schon irgendwo… Na #Isso!

Für die Verzögerung sorgt eine hydraulische Scheibenbremse von Shimano. Sie macht einen ausgezeichneten Job. Immer wenn er Angsthase durchkam, war sie da, um mir Sicherheit zu vermitteln und das Bike sicher zu bremsen. Aber eigentlich gab es kein Grund sich zu fürchten. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole. Aber dieses Rad wirklich eine Macht. Ein gutmütiger Begleiter, der dich sicher durch den düsteren Wald führt.

Wenn ich wüsste woher ich das Geld nehmen sollte, ich würde mir dieses Bike auch kaufen. Es ist zwar denkbar ungeeignet für meinen geplanten Alpen Cross, aber für die Halde, den Bikepark oder die freeride Tour ist es der perfekte Begleiter. Ohne scheiß, das ist echt ein geiles Stück Technik! Meine Fresse.

Doch auch für dieses Bike gilt: wer runter will, muss vorher hoch. Und wer sein Bike nicht schieben möchte, der muss treten. Dafür ist auch bei diesem Bike eine 1×11-Gang Kettenschaltung von Shimano installiert. Ähnlich wie beim Mach 429, vermisst man auch bei diesem Schiff nichts. Bergauf komme ich mindestens genau so mühelos wie mit dem anderen. Doch auch hier muss ich sagen: Ich konnte das Bike natürlich nicht auf längeren Strecken testen. Geht sicher alles, aber ob es Sinn macht. Ich denke nicht.  

Mittlerweile war es Nachmittag und die Veranstaltung neigte sich dem Ende zu. Da ich so lange auf das Firebird warten musste, blieb nach hinten heraus leider keine Zeit mehr um auch das Switchblade zu fahren. Schade eigentlich, denn auf meine Frage, mit welchem Bike ich denn am sinnvollsten einen Alpen Cross meistern könnte, wurde mir immer zum Switchblade geraten. Wie ärgerlich. Aber gut, wenn die ganze Sache tatsächlich konkreter wird, werden die WatzUp Jungs schon eine Möglichkeit finden, so ein Bike für eine Probefahrt zu besorgen. Da waren sich alle Beteiligen einig.

Mit den ganzen Eindrücken im Kopf ging es dann wieder nach Hause. Ich habe heute viele nette Leute kennengelernt, darunter auch Sven von Inside-MTB.de, eine ganze Menge neuer Erfahrung gesammelt, festgestellt dass ich die wichtigsten Teile meiner technischen Ausrüstung zu Hause gelassen habe, und die Erkenntnis gewonnen, dass ich unbedingt solche Bikes brauche! Nach dem Essen googlete ich dann so vor mich hin und war überrascht, dass ich mit dem Verkauf von nur einer Niere… Ach lassen wir das. Ich gehe besser weiter arbeiten.

Danke für diesen schönen Tag an meine Familie, WatzUp, Tobi, Charlie, die Pivot Leute und alle die ihn dazu gemacht haben. Ich bin jetzt wohl wieder süchtig. Bleibt nur die Frage: Wie erkläre ich diesen Tag morgen meinem Rotwild, wenn es mich wieder zur Arbeit tragen soll?

Weiterführende Links:

Die Strava Tour mit dem Firebird

Die Strava Tour mit dem Mach 429 Trail

WatzUp Oberhausen

Pivot Cycles

Pivot Firebird

Pivot Mach 429 Trail